Mit einem sehr guten Gefühl bin ich vor 160 Tagen in mein neues Leben in São Paulo aufgebrochen, mit einem Erfahrungshorizont von gerade einmal sechs Tagen, denn ich hatte meinen Mann im November 2010 in der Megacity, die fortan unser Zuhause sein sollte, aus Zeitgründen nur für ein verlängertes Wochenende besuchen können.
Ich war fasziniert von der Stadt, spürte so etwas wie Liebe auf den ersten Blick, die in der Geborgenheit des englischsprachigen Hotels Estanplaza Nações Unidas auf der Rua Guararapes täglich mit vielen schönen Erlebnissen wuchs.
Nachdem wir ein Apartment, das uns in der Weihnachtszeit nahezu unter den Weihnachtsbaum gelegt wurde, nach längerem Überlegen aus den unterschiedlichsten Gründen abgesagt hatte, begann die langwierige, wenn auch durchaus interessante Wohnungssuche, während der ich weite Teile der Stadt kennenlernte. Die endete 84 Tage nach meiner Ankunft, mit der Unterschrift unter dem Mietvertrag.
In den folgenden 29 Tagen wurde die Liebe zu dieser 11-Millionen-Stadt, in die es mich verschlagen hatte, auf eine harte Probe gestellt, denn ich hatte es mir zur Aufgabe gemacht, ein völlig verwohntes Apartment zu einen schönen Zuhause zu machen, ohne solide Sprachkenntnisse und praktisch im Alleingang, denn mein Mann war länger beruflich in Deutschland.
Es waren harte Zeiten mit tausenden Nervereien, von der Wiederinbetriebnahme des in die Jahre gekommenen Gasboilers, die fast in einer Explosion geendet hätte, bis hin zur garantiert staubfreien Reinigung der Steinböden, die das gerade fertig gestellte Apartment in Nebelschwaden hüllte. Doch ich hielt mich an meinen Leitspruch: Nur die Harten kommen in den Garten.
Über 10.000 Kilometer von Berlin, der Stadt, in der ich die letzten 35 Jahre glücklich verbracht hatte, gab es Tage, an denen die Liebe zu meiner neuen Stadt aufflammte und Momente, in denen ich einfach nur die Koffer packen wollte. Bis vor ein paar Tagen, denn da hatte ich erstmals das Gefühl, dass ich angekommen bin, hier in São Paulo.
Mit einem Besucher aus Berlin, meiner Freundin Tereza, ihrem und meinem Mann aßen wir in Vila Madalena Feijoada da Lana (Rua Aspicuelta, 421, Tel.: 11-3814-9191). Plötzlich war es da, dieses Gefühl, des Angekommen-Seins. Wie aus dem Nichts. Ich genoss den strahlend sonnigen Nachmittag mit seiner sanften Luft und dem brasilianischen Nationalgericht, war einfach glücklich in diesem Moment an genau diesem Ort.
Während ich Tage später ganz banale Dinge erledigte, war es einmal mehr da, dieses gute Gefühl: Bei strahlendem Sonnenschein ging ich, nachdem ich für eine Erledigung kurz zu Fuß nach Campo Belo gelaufen war, auf dem Rückweg zu Lev & Clean (Av. Padre Antônio José Santos, 42), in ein kleines, sehr charmantes Geschäft, um einige Putzmittel, die Eliene, unsere Empregada (Putzfrau) bestellt hatte, zu besorgen.
Zwei Mal war ich bereits dort gewesen, jeweils mit Tereza, meiner großartigen Freundin, die mich während der vergangenen Wochen und Monate unermüdlich bei den kleinen und großen Herausforderungen, die mein neues Leben mit sich brachte, unterstützt hatte.
Wieder wurde ich freudig begrüßt von dem Besitzer, der deutsche Vorfahren hat und stets stolz ein paar Brocken Deutsch in seine hilfreichen Fachsimpeleien über Putzmittel einwirft.
Ob ich heute allein käme, fragte er und blickte mich anerkennend an. Ich holte meinen Einkaufszettel heraus und wir trugen die benötigten Produkte zusammen. Einmal Limpa Box, ein Mittel zur Reinigung der Duschkabinen, für die Kacheln Azulim Tradicional, Veja, DAS brasilianische Putzmittel im Haushalt und, ebenfalls vielseitig einsetzbar, Sabão Glicerinado Neutro.
Beflissen bot der nette Mann an, mir die Putzmittel, die praktisch kein Gewicht hatte, zuhause anzuliefern, was ich freundlich ablehnte und glücklich und dankbar selbst erledigte. Alles war ganz einfach und unkompliziert.
Auch gestern, als ich abends einen kurzen Einkauf erledigte, spürte ich es wieder, das Gefühl, als mich die junge Verkäuferin mit einen fröhlichen Hello, boa noite begrüßte und mir, ohne dass ich danach gefragt hätte, mitteilte, dass unsere Lieblingsbrötchen in zehn Minuten frisch aus dem Ofen kämen.
Selbst der etwas verschrobene Kioskbetreiber überreicht mir jeweils ungefragt meine Lieblingsprodukte.
Die Gegend um die Avenida Padre Antônio José Santos ist meine Heimat geworden, mit der liebevollen, schwangeren Verkäuferin im Supermarkt unseres Vertrauens, die einmal eine Einkaufstüte für mich aufbewahrt hatte, dem Schlüsseldienstinhaber mit Kleinganoven-Ausstrahlung, der mir freudestrahlend von seinen litauischen Wurzeln berichtete und vielen anderen Menschen, die sich charmant mit meinen noch rudimentären Sprachkenntnissen arrangieren.