Grüner Superlativ: Die Feira de Flores da CEAGESP

São Paulo ist eine Stadt der Superlative. Da verwundert es wenig, täglich auf beindruckende Zahlen, auf neue Rekorde zu stoßen. Doch dass die Megacity im Bereich Blumen und Pflanzen ganz weit oben steht überrascht, denn São Paulo ist die viertgrößte urbane Agglomeration der Erde und der größte Ballungsraum der Südhalbkugel.

Zwischen 1950 und 2010 stieg die Bevölkerungsdichte von 1.440 auf 7.260 Bewohner pro Quadratkilometer. In gleichen Zeitraum haben sich die Zahlen für den bewohnten Raum verachtfacht – von 455.000 auf 2,6 Millionen Wohnhäuser von oft beachtlicher Größe.

 

Während Berlin, das sich seines Baumbestands und seiner vielen Grünflächen rühmt, 490 Bäume pro Quadratkilometer zählt, kommt die Megacity gerade einmal auf 252 Bäume pro Quadratkilometer.

 

Und doch hat São Paulo einen grünen Superlativ zu bieten: Die Feira de Flores da CEAGESP (Companhia de Entrepostos e Armazéns Gerais de São Paulo). Der Blumenmarkt, von den Paulistanos noch heute CEASA genannt, ist der größte des Landes und gilt als drittgrößter weltweit.

 

Die heutige CEAGESP, die 1969 aus einem Zusammenschluss des besagten CEASA (Centro Estadual de Abastecimento) und der CAGESP (Companhia de Armazéns Gerais do Estado de São Paulo) entstanden ist, betreibt das größte öffentliche Lagerhallen-Netzwerk des Staates und einen Komplex aus 13 verschiedenen Großhandelsbetrieben.

 

Allein der Blumenmarkt, der zwei Mal pro Woche stattfindet, nimmt eine Fläche von 20.000 Quadratmetern ein, was knapp drei Fußballfeldern entspricht. 1.100 Produzenten vertreiben hier ihre Waren an Groß- und Einzelhandel, aber auch an Endkunden. Rund 4.000 Tonnen Schnittblumen und Topfpflanzen wechseln hier monatlich ihren Besitzer und generieren damit Einkünfte von R$ 20 Millionen pro Monat, wohlgemerkt innerhalb von acht Tagen im Durchschnittsmonat.

 

Ich bin keine Blumenfee. Eher das Gegenteil, denn ich habe unzählige Topfpflanzen auf dem Gewissen. Immer wieder habe ich es versucht, mal mehr, mal weniger glücklich, je nach Robustheit des Gewächses.

 

In Brasilien scheint sich das Blatt zu wenden, denn die Pflanzen, die uns eine Freundin, die in der ersten Juliwoche des vergangenen Jahres nach Deutschland zurückgekehrt ist, überlassen hatte, leben noch immer. Selbst eine Orchidee, die ich im Juni 2011 geschenkt bekam, blüht wieder, wobei dies wohl eher der liebevollen Pflege meiner Empregada zu verdanken ist, denn ich hatte das tropische Gewächs, nachdem alles danach aussah, dass seine Zeit gekommen war, in unserem Gästezimmer sich selbst überlassen, bis sich die Empregada des zarten Geschöpfes annahm.

 

Meine Abenteuerlust führte mich schließlich zum CEASA, denn was es auch ist, ich bin stets daran interessiert, meine neue, facettenreiche Stadt besser kennenzulernen. Eine Freundin hatte mich eingeladen, sie zu dorthin zu begleiten. Als die erklärte, dass wir gegen 6.00 Uhr aufbrechen müssten, war mein Interesse geweckt, denn allein die nachtschlafende Zeit versprach ein spannendes Erlebnis.

 

Als ich eines Freitags im Morgengrauen zustieg, realisierte ich sofort, dass ich mit Fachleuten unterwegs war, denn drei der Mitreisenden betreiben Ikebana, die japanische Kunst des Blumenarrangierens, das ich, bevor ich nach Brasilien kam, auch gern einmal mit Origami verwechselte. Nur eine der Anwesenden gehörte nicht zu den Eingeweihten, wenn ich auch annehme, dass sie weniger Pflanzen ins Jenseits befördert hat, als ich.

 

Ich war sprachlos, als sich der Markt vor uns auftat. Das hatte ich nicht erwartet. Ein wahres Blumenparadies, beeindruckender als jeder Botanische Garten. Hier gibt es wirklich alles, was auch nur die geringste Verbindung zu Blumen und Pflanzen aufweist: Ton- und Plastiktöpfe, Übertöpfe aller Art, Erde, Düngemittel, Dekorationsbedarf, Glaswaren, Papier, Verpackungsmaterial, Bänder. Und vor allem: Zimmer- und Gartenpflanzen jeder Art und Größe und jede nur denkbare Gattung von Schnittblumen.

 

Routiniert begannen die Expertinnen mit ihrem Einkauf, während wir Laien den geschäftigen Markt auf uns wirken ließen. Irgendwann hatte auch uns das Fieber erfasst. Mit fachkundiger Beratung erstand ich schließlich drei Helikonien, einen Bund Strelitzien, die Lieblingsblumen meines Mannes, fünf Lotusblumen und zwei Bromelien, eine als Geschenk. Dies bei verschiedenen Händlern, die jeweils äußerst hilfreich und sympathisch waren.

 

Ausgesprochen praktisch: Nach dem Kauf kann man die mit Namen versehene Ware am jeweiligen Stand zurücklassen und später entweder selbst abholen oder einen sogenannten “carregador”, einen Gepäckträger mit einem Karren, beauftragen, der die floralen Schätze ins Auto einlädt.

 

Als wir den CEASA gegen 9.00 Uhr verließen, war klar: Dieser Ort gehört eindeutig zu den Highlights der Megacity – visuell wie atmosphärisch.

 

Öffnungszeiten Feira de Flores da CEAGESP: Dienstag und Freitag 5.00-10.30 Uhr. Av. Dr. Gastão Vidigal, 1946, Vila Leopoldina, Tel. 11-3643-3907